Donnerstag, 23. Januar 2020

Flussfahrt nach Peru

Buenas tardes amigos!

Ich sitze im 5. Stock eines 15-stöckigen Wohnhauses an der Küchentheke eines 25m² Apartment im Herzen der Stadt Santiago de Chile. Der Ventilator läuft auf Hochtouren und wir haben soeben die Jalousien geschlossen. Es ist heiß draußen, ~ 36C° aber mit viel weniger Luftfeuchtigkeit als wir das noch vor eineinhalb Wochen, mitten im Amazonas, hatten.


Bei meinem letzten Blog waren wir noch in der Stadt Tena, im ecuadorianischen Amazonasbecken. Wir bereiteten uns darauf vor, den Amazonas zu erkunden und planten unsere Route tief in den


Dschungel des größten tropischen Waldes der Welt.


Wir hatten noch eine kleine Tour mit einem lokalen Medizinmann


der uns allerlei Pflanzen


desinfizierende Baumflüssigkeiten (Drachenblutbaum)


saure und uns


wohl bekannte Früchte zeigte. Die Kakaofrucht, mit ihrem weißen, süß-schleimigen Fruchtfleisch, im Geschmack der Litschi ähnelnd, schmeckt auch unbearbeitet hervorragend. Die Kerne im Fruchtfleisch, die Kakaobohnen, werden, nachdem sie getrocknet wurden, zur Kakaopulver und Kakaobutterherstellung verwendet. Die Kakaobutter hat übrigens auch eine desinfizierende Wirkung, welche sich die indigene Bevölkerung bei z.B. Schürfwunden zunutze macht.


Als nächstes ging es in die Stadt Coca. Diese ~ 45000 Einwohner zählende Stadt liegt im Amazonas-Regenwald und sollte der Startpunkt unserer Flussreise nach Peru sein. Coca ist die letzte Stadt in der man sich für eine solche Bootsreise organisieren kann und wir waren schon sehr gespannt auf unser kleines Abenteuer am Fluss Napo, der uns durch den Regenwald bis zum Amazonas und dann in die Stadt Iquitos bringen sollte.


Coca oder auch Francisco de Orellana wurde nach einem gleichnamigen spanischen Konquistador benannt. Francisco de Orellana gilt als erster Europäer der den Amazonas von West nach Ost bereist hatte. Auch er musste damals am Fluss Napo halt machen und sich für eine Weiterreise organisieren. Es war Regenzeit und es dauerte nicht Lange bis die hälfte seiner Wegbegleiter erkrankt waren und sich der Proviant zu Ende neigte. Orellana musste mit wenigen Männern die Flussreisen antreten. Am 25. Dezember 1541 startete seine Expedition mit dem ursprünglichen Ziel, Zimtbäume und das sagenhafte Goldland Eldorado zu finden. Entlang des Flusses Napo ging es bis zum Amazonas (wir folgen dieser Route ein wenig) und für Orellana weiter und tiefer in die damals von Indianern bewohnten und teilweise auch heute noch überaus gefährlichen Wälder. Hier der Tagebucheintrag eines seiner Mitreisenden:



„Als wir dem Ufer immer näher kamen, begannen die Indios mit Pfeilen nach uns zu schießen, und da es zahlreiche Krieger waren, schien es, als regne es Pfeile. Aber unsere Arkebusiere und Armbruster waren auch nicht träge. Obwohl sie viele töteten, schienen es die Indios gar nicht zu merken, denn trotz des Schadens, der ihnen zugefügt wurde, machten sie unermüdlich weiter, indem die einen kämpften, die anderen Kriegstänze vollführten... Ich will, daß man erfährt, warum diese Indios sich auf solche Weise verteidigten. Es muß erklärt werden, daß sie tributpflichtige Untertanen der Amazonen sind. Als sie von unserem Kommen erfahren hatten, wandten sich die Indios mit der Bitte um Hilfe an diese, und es kamen so etwa zehn bis zwölf von ihnen, denn wir selbst sahen diese Frauen, die als weibliche Hauptleute in vorderster Front von allen Indios kämpften. Die Frauen sind sehr hellhäutig und groß und tragen langes Haar, das sie geflochten und um den Kopf gewickelt haben. Sie sind sehr kräftig und gehen ganz nackt, wobei allerdings ihre Schamteile bedeckt sind.“


Aufgrund dieser Expedition von Orellana, die Beschreibungen seiner Mitreisenden und der Vergleich dieser weiblichen Indios mit den Amazonen der Antike, wurde später dieser Fluss und das dazugehörige Waldgebiet Amazonas genannt.


Ganz anderen Herausforderungen mussten wir uns stellen, um unsere Flussreise antreten zu können. Bürokratische Herausforderungen, denn heute gelten Landesgrenzen, Einreise und Ausreisebestimmungen, Visaregulationen und und und... In Coca befand sich der letzte Stützpunkt für Immigration und bevor wir uns mittels Boot weiter bewegen konnten, mussten wir uns aus Ecuador, bürokratisch, verabschieden und unsere Pässe ausstempeln lassen. Wir fanden das ziemlich heruntergekommene Büro für Immigration aber keine Angestellten. Wir warteten, husteten, sprachen lauter und lauter aber niemand reagierte. Schließlich versuchten wir Türen zu öffnen, klopften und im oberen Stockwerk wurde ich nach vorsichtigem stöbern fündig. Eine nicht besonders gut gelaunte Immigrations-Offizierin öffnete die Tür und das Prozedere begann bis wir schließlich unsere Ausreisestempel im Reisepass hatten. Ab diesem Zeitpunkt waren wir offiziell inoffiziell im Land. Wir waren aus dem Land ausgestempelt obwohl wir noch im Land verblieben. Das hatte ich so in dieser Form noch nie und es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen, dass wir ein wenig länger bleiben mussten. Liis wurde krank, bekam hohes Fieber und musste für einige Tage das Bett hüten. Zu Beginn waren wir etwas besorgt da wir uns einerseits mitten im Malaria und Denguefieber Gebiet aufhielten und sie andererseits relativ viel Wasser verloren hatte. Etwas später stellte sich dann aber heraus, dass Liis "nur" eine relativ hartnäckige Magen-Darm infektion hatte. Reisekrankheit zum ungünstigsten Zeitpunkt. Wir hatten uns bereits ausgestempelt, die Bootstickets und den Proviant für die kommenden Tage in der "Wildnis" besorgt und wären soweit vorbereitet gewesen. Es bedarf etwas Planung für diese Reise denn nach der Stadt Coca gibt es nur noch vereinzelte Hütten, kleine Dörfer ohne Strom und weit und breit keine medizinische Hilfe falls nötig. Es war also klar, dass wir warten mussten bis Liis wieder reisetauglich war und so verbrachten wir


einige Regentage (Regen und Wald = Regenwald) sowie Liis Geburtstag und auch


Weihnachten in Coca bevor wir


exakt 478 Jahre nach Francisco de Orellana, am 25. Dezember, 


unsere Reise zum Fluss Amazonas antraten. 


Der Lonely Planet sagt dazu:
"While backpackers may bubble with excitement at the idea of floating down the Napo all the way to Peru and the Amazon River, only the most intrepid travelers rise to the occasion. In this truly off-the-beaten-track adventure, aspiring "survivors" may have to endure cramped and wet travel, the possibility of seeing their next meal slaughtered, and potential illness."


Eine 10Std. lange dauernde Bootsfahrt in Richtung Peru


vorbei an Hütten


voller Kinder,


mitten in der Wildnis und weit und breit keine Schule. 


Der einzige Kontakt zur Außenwelt ist dieses Boot. Unvorstellbar, eine andere Welt, ohne Strom, ohne Internet, ohne fließendes Wasser, ohne Schulbildung....


Tja, eine Bootsfahrt mit vielen Eindrücken und viel Zeit darüber nachzudenken wie die Menschen hier leben, wie die Kinder hier aufwachsen, welche Zukunft diese Kinder haben werden. Die Menschen im Boot waren extrem freundlich, haben uns sofort in ihre Mitte aufgenommen und wir wurden Teil der Familien, bekamen Süßigkeiten oder auch Früchte angeboten, es wurde gescherzt und ernsthaft diskutiert. Es herrschte eine wunderbar entspannte Stimmung. Eine super Bootsfahrt, echt gemütlich.


Am Ende des Tages waren wir in Nuevo Rocafuerte, dem letzten ecuadorianische Dorf vor der Grenze zu Peru, angekommen. 


Im Dorf gibt es eine Straße, einige Zebrastreifen (warum auch immer), kaltes Bier, einen Laden der von Axt bis Zwiebel alles anbietet, zwei Hostels ein "Restaurant" und fließend Wasser ab 18:00 Uhr. Perfekt, mehr braucht es nicht. 

Bis hierher waren wir ganz gut informiert aber ab Nuevo Rocafuerte wurden alle Informationen etwas vage. Es war Mittwoch und über die Grenze nach Peru gab es nur einmal in der Woche ein offizielles Boot, am Sonntag. Am Freitag sollte ein Boot von Peru (von Pantoja aus) nach Iquitos starten aber keiner war sich sicher ob das wirklich so sein wird. Wir beschlossen eine Nacht in Nuevo Rocafuerte zu verbringen und tags darauf, irgendwie über die Grenze zum ersten Dorf in Peru (Pantoja) zu kommen und zu hoffen, dass am Freitag ein Boot (Rapido) kommt das uns weiter Flussabwärts befördert.


Ein neuer Tag begann und das erste Projekt des Tages, jemanden zu finden der uns über die Grenze befördert, war gleich mal erfolgreich. Ich war überrascht wie einfach das ging. Wir haben ein paar Leute angesprochen, ihnen versucht zu erklären dass wir nach Peru wollten und 5min später fand sich jemand der die Reise mit uns antreten würde. Aber wollten wir das auch? Wirklich? Sicher? Das älteste Boot von allen, ein traditionelles Balsaholz Einbaumkanu mit einem großen Loch im vorderen Bereich des Kiels, sollte unser Transportmittel für die ca. 1,5 Std. dauernde Bootsfahrt sein. Liis und ich haben nochmal kurz hinterfragt ob wir der ganzen Sache vertrauen, nochmal nachgefragt ob das Loch im Boot auch sicher kein Problem sei und anschließend 


unser Hab und Gut wasserdicht verpackt. No risk, no fun sagten wir uns ermutigend und los ging es


voller Spannung ob des Abenteuers im wackeligen Kanu. 


Hier ein kleines Video.


Ca. 1,5Std. und heftigen Regenfall später erreichten wir Pantoja, das erste Dorf nach der Grenze in Peru.


Kurz nach unserer Ankunft haben wir vom Immigrationsbeamten erfahren, dass früh Morgens das Boot (Rapido) Pantoja verlassen hat. Er wisse nicht wann das nächste kommt, keiner kann es mit Sicherheit sagen, evtl. am Samstag. Die Verkäuferin im Laden sagte evtl. am Sonntag, sicher nicht am Samstag. Wieder jemand anderer sagte am Montag sehr unwahrscheinlich, dass morgen, am Freitag, wieder eines kommt, eventuell nicht am Montag sonder erst in einer Woche, es sind schließlich Neujahrsfeiertage, da bewegt sich nichts und niemand.... Keiner wusste es, also blieb uns nur eines, warten.


Pantoja ist ein sehr kleines Dorf (es gibt keine offiziellen Zahlen aber ich schätze höchstens 500 Einwohner, davon min. 300 Kinder) an der Flusskreuzung Rio Napo - Rio Aguarico. Es liegt direkt an der Grenze zwischen Ecuador und Peru, umgeben von undurchdringlichem Regenwald und Wasser.


Es gibt keine Straße in Pantoja, nur einen aus Beton gegossenen Gehweg den man in 20min. erkundet hat.


Es gibt hier eine gut Bewachte (der berühmte Pappkamerad lässt grüßen) Militärbasis, ein Immigrationsbüro, ein paar kleine Geschäfte (Tante-Emma-Laden) und


zwei kleine Restaurants. Eines davon ist eigentlich das Wohnzimmer/Terrasse der Familie und man muss etwas Platz machen falls sich der Großvater von einer Hängematte zur andere bewegen will.


Und, es gibt jede Menge Kinder.


Kind mit Huhn


Kind mit Gans


Kind mit Vater


Kind mit Mutter


Kind mit Machete.


Eine tolle Kindheit. Es gibt eine Schule im Dorf aber es waren Ferien. Die Kinder sind völlig sich selbst überlassen und machen was auch immer ihnen gerade einfällt. Sie klettern auf die höchsten Bäume, springen von dort aus ins Wasser, finden Früchte oder fangen sich Fische. Die Kinder sind den ganzen lieben langen Tag am herumtollen, haben keine Aufsicht von den Erwachsenen und versorgen sich weitestgehend selbst. Die älteren kümmern sich um die kleinsten und die Eltern? Was machen die Erwachsenen? Ich hab echt keine Ahnung was die so machen und wie sie sich an der Erziehung der Kinder beteiligen. Wie werden diese Kinder auf die Welt da draußen vorbereitet? Ist es notwendig sie darauf vorzubereiten und kann das überhaupt jemand der das Dorf selbst nie verlassen hat? Welche Ziele haben diese Menschen? Welche Werte werden vorgelebt?  Was machen die Leute in diesem Dorf den ganzen lieben Tag, die ganze Woche, das ganze Monat, das ganze Leben?


Er hat offensichtlich ein Feld und erntete Mais,


ein anderer trocknet das Zeug und macht möglicherweise Popcorn daraus.


Jemand trocknet Kakaobohnen,


ein anderer ist Tischler,


Fischer oder


zählt einfach das Geld das mit uns eingenommen wurde.


Viele sitzen herum, so wie wir auch, quatschen und gucken was sich am


Fluss so tut.


Andere waschen Wäsche und hängen sie zum trocknen auf,


wieder andere bearbeiten das überwuchernde Gras mit einer Machete


oder sitzen herum und


feuern die Spieler der Fußballmannschaften an.


Hier kann man sich dann das Popcorn kaufen das der eine bringt, der andere trocknet und die Dame hoffentlich gewinnbringend verkauft (für 15cent das Päckchen). 


Nach dem Spiel, am Samstag Nachmittag, kommt der Supermarkt vorbei und man kann sich mit frischem Obst, Gemüse und auch Brot eindecken. Brot braucht hier aber keiner denn wir essen hauptsächlich Plantain (Kochbanane), Hähnchen, Fisch, Reis, Reis, Reis und etwas mehr Kochbanane. Wenn man Früchte möchte, holt man sich die vom Baum oder wartet bis sie jemand vom Baum geholt hat und sie verkauft. Oder es kommt jemand mit dem Boot und der hat ein Ladung Bananen dabei, den fragt man dann ganz lieb und man kann mit etwas Glück welche haben. So haben auch wir uns versorgt. Wenn man ins "Restaurant" geht gibts keine Karte sonder man bestellt Essen und lässt sich überraschen was es heute so gibt. Wahrscheinlich Fisch oder Hähnchen und dazu viel Reis und natürlich Plantain, die darf bei keiner Mahlzeit fehlen.


Unser Boot nach Iquitos war weit und breit nicht zu sehen und wir mussten uns darauf einstellen noch ein wenig länger warten zu dürfen. Noch immer wusste niemand wann oder ob es kommt und so beschlossen wir, einen Tagesausflug am Fluss zu machen. 


Wir organisierten uns ein Boot mit jemanden der die Gegend gut kennt und ließen uns ein wenig herumfahren.


Es gab jede Menge Vögel und ihre Nester zu sehen, wir entdeckten Flussschildkröten und


Amazonas Flussdelfin. Der rosarote Flussdelfin kommt in fast allen Flusssystemen vor die mit dem Amazonas verbunden sind. Der Flussdelfin gehört aber leider zu den aussterbenden Arten. Überfischung, Waldzerstörung durch Abholzung und die starke Verschmutzung der Flüsse, Quecksilber von diversen Minen, Ölrückstände von Ölbohrungen... machen dem Delfin das Leben schwer. Umso glücklicher waren wir, dass wir auch einige kleine, graue, Flussdelfine sichten konnten. In dieser Region befindet sich ein großer Nationalpark und es scheint, dass es ein guter Platz für diese nahezu blinden Lebewesen ist.


Ein bisschen fischen stand auch noch am Programm. Aber natürlich keine Delfine!


Wir bogen vom Hauptfluss ab, folgten einen immer enger werdenden Bach. Es ging weiter in den Wald, wir machten den Motor aus und paddelten immer tiefer ins dichter werdende Gehölz. Endlich hatte ich das Gefühl in einem abgelegenen Gebiet zu sein, mitten im Amazonas, an irgendeinem kleinen Fluss völlig abseits der Zivilisation, nur wir drei im Boot, kein künstliches Geräusch. Wir waren alle still, beobachteten kleine flinke Äffchen und entdeckten einen Otter. Am völlig stillen Wasser glitten wir weiter, vorbei an Baumriesen, tiefer in den Wald. Wir packten unsere Angeln aus, befestigten Köder an den Haken und begannen zu fischen. Es dauerte nicht lange und schon biß einer an. Er knabberte am Köder, man konnte es genau spüren und im richtigen Moment, mit einem Ruck, holte ich die Schnur ein und siehe da


ein Piranha hat tatsächlich angebissen.


Deswegen waren wir hier, wir haben noch nie Piranhas gesehen und jetzt,


hier im Amazonas, war es soweit. Ein sehr schönes farbenfrohes Tier und wir haben es auch bei diesem einen Exemplar belassen. Wir packten zusammen und paddelten zurück zum Hauptfluss.


Dort angekommen entdeckten wir eine dunkelschwarze Gewitterwolke in die wir geradewegs hinein fahren mussten um zurück nach Pantoja zu kommen. Als wir klatschnass zurückkamen entdeckten wir ein Boot am Anleger.


Ein Boot das die Tage zuvor nicht dort war. Das Rapido, unser Boot für die Weiterreise flussabwärts war angekommen und wir erfuhren, dass es am Montag, frühmorgens in Richtung Iquitos abfahren wird. Die Reise, Panatoja - Iquitos, dauert zwei Tage und das bedeutete, dass wir es schaffen werden, genau am 31.12.2019 in Iquitos anzukommen.


Frühmorgens am Montag bestiegen wir das Boot und machten uns auf die Reise.


Immer weiter Stromabwärts, dem Fluss Napo entlang, immer tiefer in das Amazonasbecken.


Das Boot ist die einzige Verbindung zur Außenwelt und hat nicht nur Menschen zu befördern. Nein, auch Post wird angenommen und in die Stadt gebracht


oder Bananen,


Hühner ...


Immer ist es ein riesen Ereignis wenn das Boot anlegt.


Vorsichtig neugierig wird


beobachtet


wer den alles an Board ist


und was die da alles Transportieren. Das Boot als einzige Verbindung zur Außenwelt, eine recht irreguläre Verbindung aber die Menschen am Fluss wissen anscheinend wann das Boot, die Brücke zur sogenannte Zivilisation, kommt. Es agiert wie ein Wasserbus ohne fixe Haltestellen, ohne fixe Abfahrtszeiten. Wenn du etwas oder jemanden zu befördern hast, stellst du dich an eine gut einsehbare Stelle und winkst mit einem weißen Tuch sobald du das Boot siehst. Das ist das Zeichen für den Kapitän, komm her, ich hab etwas für dich!


Dazu ein kleines Video.


Eine zweitagesreise mit einer sehr kurzen Übernachtung in Santa Clotilde bevor es in die große Stadt ging. Iquitos ist die größte Stadt der Welt, ca. fünfhunderttausend Einwohner, die nicht über Straßen erreichbar ist. Hunderte Kilometer nur Dschungel, Naturvölker, Schamanen und Dörfer ohne Elektrizität, fließenden Wasser und Schulen. Hört sich sehr idyllisch an, ist es aber nicht! Iquitos ist offiziell die lauteste Stadt in ganz Lateinamerika, es ist eine Hafenstadt, nur mit Boot oder Flugzeug zu erreichen und es ist schmutzig. Müll liegt überall und die Geier kreisen über der Stadt. Jaja, das tun die wirklich.

Wir waren seit Tena (Ecuador) im Amazonasbecken und haben in dieser Zeit, ca. ein Monat, immer wieder Abstecher und div. Touren in den Dschungel gemacht. Zu guter letzt die ca. 1000km lange Bootsfahrt von Coca bis Iquitos, mit einem viertägigen völlig off-the-beaten-track Aufenthalt in Pantoja. Es war definitiv ein Abenteuer aber ich muss zugeben, ich bin auch etwas enttäuscht. Wir waren schon öfter in div. Regenwälder unterwegs. Unter anderem auch im ältesten Regenwald dieser Erde, der Taman Negara Nationalpark in Malaysia. Möglicherweise ist das der Grund meiner Enttäuschung, ich hab schon vieles sehen und erleben dürfen, und es macht den Anschein, dass der malaysische Nationalpark das Maß der Dinge ist wenn es um naturbelassenen Regenwald geht. Ich bin mir sicher, zumindest hoffe ich es und wünsche es mir, dass es auch im Amazonas Gegenden gibt, die nicht vom Menschen industrialisiert und genutzt werden. Aber ich zweifle ein wenig daran muss ich gestehen. In diesem ganzen Monat haben wir es nicht geschafft, obwohl wir es echt versucht haben, richtig tiefe Wildnis zu erkunden. Der Fluss ist die Lebensader aber auch ein von der Industrie genutzter Verkehrsweg, eine Autobahn wenn man so will. Selbst als wir Piranha fischen waren, ich mich das erste Mal im Amazonas so fühlte, dass es nichts außer uns, den Wald und die Tiere gibt, hörte man zu einem Zeitpunkt ein Schiff am Hauptfluss vorbei fahren, beladen mit Tankwagen um das Öl der Minen zu transportieren. Als wir die Regenwaldtour mit dem Medizinmann machten, hörte man in gewisser Entfernung eine Kettensäge. 2019 hat die Abholzung im Amazonas um 85% zugenommen!!! Nur in einem Jahr wurden 9166km² Regenwald vernichtet. Regenwald in der größe von Kärnten, abgeholzt in einem Jahr! Wieviel unberührte Natur gibt es noch, wie viel Dschungelerfahrung ist es, wenn man dabei das Geräusch von Kettensägen oder Schiffen hören kann? Das macht mich traurig und noch trauriger macht es mich, zu sehen, dass die Menschen auf unserer Bootsfahrt, oder auch bei unserem Aufenthalt in Pantoja, sich einen Scheiß für ihre eigene Natur interessieren und ihren Müll einfach, wie selbstverständlich, aus dem Boot werfen. Wir wurden komisch angeguckt als wir mit einer Mülltüte beladen das Boot verließen. Ich bin nur auf der Durchreise und will nicht verurteilen aber es scheint, wir in Europa machen uns mehr gedanken über den Verbleib des Amazonas als die Menschen die hier leben. Ein Trauerspiel und ich weiß nicht wie das zu ändern ist. Auch ich bin Teil dieser Verwüstung, auch ich konsumiere, fliege, benutze Boote oder andere Verkehrsmittel. Nichts davon ist besonders umweltverträglich muss ich gestehen.


Es gäb so viel zu schützen so viel zu tun und so viel Aufklärungsbedarf um die Natur und die darin lebenden Tiere, unseren eigenen Lebensraum zu schützen.


Eine Organisation in Iquitos, es gibt wahrscheinlich mehrere aber diese haben wir besucht und für gut befunden,


hat sich zur Aufgabe gemacht Aufzuklären und Tiere zu beschützen, zu rehabilitieren und wieder in die Wildnis zurückzuführen, sofern das möglich ist.


Das Amazon Rescue Center ist einen Besuch wert und die Eintrittsgelder kommen einer guten Sache zu. 


Wir waren also in Iquitos angekommen, waren beeindruckt


vom Lärm der ~ 25000 Motocarros


und vom Schmutz in der Stadt.


Iquitos, mit den Gebäuden der ehemaligen Kautschukbarone hat aber auch Charme.













Wir waren schließlich 9 Tage dort, haben uns alles mögliche angesehen, die schwüle Hitze ertragen und uns schon auf neue Abenteuer gefreut und vorbereitet. 


Mit dem Flieger ging es von Iquitos nach Lima, und von dort dann direkt nach Santiago de Chile wo wir uns im Moment aufhalten. Die letzte Woche waren wir hauptsächlich damit beschäftigt bürokratische Hürden zu überwinden, Autoanzeigen zu lesen und verschiedene Fahrzeuge zu besichtigen. Gestern hatten wir die letzte Besichtigung und heute Morgen wurden alle Details soweit geklärt, dass wir sagen können, wir werden unsere weitere Reise mit einem Auto fortsetzen! Welches, wie und wohin und und und erfährt ihr im nächsten Blog. Bis dahin,


bleibt neugierig und genießt den Winter :)
Alles Liebe, Bernhard

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