Dienstag, 17. Dezember 2019

Ecuador

Hola chicos!

Im Moment sitze ich auf einer Terrasse eines Hostels und überblicke die Stadt Tena. Ich höre Vogelgezwitscher, Grillen zirpen und leise Weihnachtsmusik ertönt im Hintergrund aus einem Telefon einer Hostelmitarbeiterin die sich gerade almuerzo (Mittagessen) zubereitet. Es riecht nach Hähnchen, mein Blick streift hinweg über die Stadt, in Richtung Anden. Tena liegt im ecuadorianischen Amazonas Becken, es ist feucht und warm, ich bin umgeben von Regenwald.


Wir sind wieder mal auf Reisen!


Anfang des Jahres haben Liis und ich beschlossen wieder eine längere Reise anzutreten. Relativ schnell war uns beiden klar, dass wir Südamerika erkunden möchten. Nach kurzer Absprache war auch klar, dass wir in Berlin unsere sieben Zwetschgen (Pflaumen :)) zusammenpacken und den Arbeitgebern sowie der Hausverwaltung kündigen werden. Ein bisschen mehr als sechs Jahre waren wir in Berlin und haben, neben vielen kleineren Reisen, das arm aber sexy Flair dieser Stadt genossen. Eine tolle Stadt die uns damals nach Asien einen relativ schmerzfreien Neubeginn ermöglichte. Wir haben unsere Zeit sehr genossen aber wir wollten wieder mal etwas neues erleben. Neue Abenteuer in neuen Ländern mit neuer Sprache... Weder Liis noch ich waren jemals in Südamerika, es war an der Zeit.


Noch bevor der Winter in Europa einzug hielt, wollten wir alle Bürokratie erledigt, die meisten Sachen verkauft, die Wohnung geräumt und übergeben und uns aus Deutschland abgemeldet haben. Letzteres bedurfte etwas mehr Recherche da wir uns auch, aus Gründen der Krankenversicherung welche eine Pflichtversicherung ist aber keine Leistung im nicht europäischen Ausland erbringt, nirgends anmelden wollten. Aber auch dafür haben wir eine Lösung gefunden und gelten nun als obdachlos, oder wie Liis lieber zu sagen pflegt - als Weltbürger.


Am 10. November war es dann soweit, wir haben unsere Rucksäcke gepackt (ja die sind klein und wiegen auch nur je 7kg) und unsere Reise ins ungewisse angetreten. Wir hatten echt keinen Plan. Die Zeit für die Reiseplanung fehlte und wir haben es tatsächlich auch sehr gerne, frei von Vorurteilen, ohne zu wissen was uns erwartet, in Länder zu reisen. Unser unvorbereitet sein ging soweit, dass wir zwei Tage vor Abreise entdeckt haben, dass man für die Einreise nach Ecuador ein Ausreiseticket vorweisen muss. Tja, aber wir hatten nur einen one way Flug und somit ein Problem. Dieses wurde, nach kurzer Recherche, durch die Seite bestonwardticket.com gelöst und wir konnten schließlich unseren Flug nach Ecuador antreten. Ohne dieses "Ausreiseticket" hätten sie uns in München nicht ins Flugzeug gelassen, aber so war alles gut. Vorbereitung wird überbewertet :)



Nach 14 Std. reiner Flugdauer und 3 Std. zwischenstopp in Bogota sind wir in der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt angekommen. Quito liegt im nördlichen Teil der Anden auf 2850 meter Meereshöhe und ca. 20km südlich des Äquators. ~2,8 Mio Menschen leben hier und die Altstadt ist 1978 als erste Stadt überhaupt in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden.


Über der Altstadt thront die Basilika


auf der einen Seite und


die Virgen de Quito


auf der anderen Seite.


Die Altstadt


ist


hübsch.


Die Märkte


sind bunt


und die


Menschen


scheinen


entspannt.


Wir sind also in Ecuador angekommen, haben uns zur Einstimmung ein wenig Inka Gold angesehen, uns in


div. Museen über die Geschichte und die Bräuche dieses Landes informiert und den


Äquator besucht.

Und wenn ich sonst nicht viel darüber erzählen werde, eine Frage muss hier beantwortet werden. Wie läuft das Wasser ab? Angeblich gibt es, je nachdem ob man auf der Nordhalbkugel, Südhalbkugel oder am Äquator steht unterschiedliche Drehrichtungen des Wassers beim Abfließen. Das musste getestet werden und hier das Ergebnis:


Nordhalbkugel, nach links


Südhalbkugel, nach rechts und


direkt am Äquator läuft das Wasser einfach schnurstracks ab.


Das Bier fließt auch, im optimalen Fall in meine Richtung und vom Äquator unbeeindruckt. :)
Es war kalt und nass in Quito, wir haben uns einigermaßen akklimatisiert, an die Höhe gewöhnt und  uns in die Geschichte des Landes eingelesen. Wir haben uns ein wenig darüber gedanken gemacht wohin wir reisen möchten, was wir uns ansehen möchten und welchen Weg wir in Südamerika einschlagen sollten. Aber erstmal wird Ecuador ein wenig bereist.


Mit dem Bus! Das Motorrad blieb dieses mal in Europa und ich muss gestehen, ich vermisse es manchmal :) Also, als erstes gings mit dem Bus nach


Mindo.


Wir fanden ein Hostel (unser Bungalow ist gerade so erkennbar) mitten im


Orchideen Garten.


Wir beobachteten das erste mal Kolibris und waren ganz fasziniert von diesen


flinken Flugkünstlern. Im Garten unseres Hostel schwirrten tagtäglich dutzende dieser kleinen Vögel umher. Faszinierend wie schnell sie die Richtung ändern können.


Mindo ist bekannt für seinen cloud forest. Um diesen zu erreichen nahmen wir ein Dschungel Taxi (Tarabita) und flogen damit auf die andere Seite wo wir eine


17km lange Wanderung zu diversen


Wasserfällen machten.


Spannend


was hier


alles so an Getier zu entdecken war und nach dem Aufenthalt in der Stadt, eine schöne Abwechslung sich in der Wildnis zu bewegen.
Immer noch waren wir in eher kühlen Gebieten und sobald die Sonne, falls sie sich überhaupt hat blicken lassen, unterging froren wir. Irgendwie ganz anders als man sich die Temperaturen am Äquator so vorstellt. Es war schlichtweg kalt und nass und wir hatten genug davon. 

Auf gehts


 an die Pazifikküste (Puerto Lopez)


wo wir die lokalen Fischer,


Pelikane und


frisch geschlüpfte Baby Schildkröten beobachten konnten. 


Wir nahmen ein Boot und fuhren damit 45km über den wilden Pazifik zu einer kleine Insel. Isla de la Plata ist auch unter dem Namen poor man Galapagos bekannt.


Die Bewohner dieser Insel waren der eigentliche Grund warum wir an die Küste gekommen sind. Ja, es war auch kalt in den Bergen aber hauptsächlich für diese blaufüßigen Knaben u. Mädchen haben wir die 11 Stunden Busreise zur Küste auf uns genommen.


Die Blaufußtölpel (der englische Name blue-footed-booby gefällt mir viel besser) leben hier und 


tanzen um die Gunst des Weibchen. Es sieht tatsächlich aus wie ein kleiner Tanz wenn der Blaufußtölpel um seine angebetete herum watschelt und mit jedem Schritt, stolz, seine blauen Füße zeigt. Sehr süß und


fotogen sind sie obendrein :)


Danach fuhren wir in die wunderschöne Stadt Cuenca.


Die drittgrößte Stadt Ecuadors 


und eine der besterhaltensten 


kolonialen Städte Südamerikas.


Stolze Menschen in


faszinierenden bunten 


Trachten


die ihrem Hobby oder


ihrem Handwerk nachgehen. (Liis Tasche musste repariert werden)


Menschen wie du und ich, freundliche Menschen, manche glücklicher als die anderen, manche stolzer als die anderen, ganz normale Menschen und wir haben nicht das Gefühl das es hier irgendwie gefährlich sein könnte.

Wir wurden vor der Reise immer wieder gefragt ob wir nicht Angst hätten, Südamerika sei doch gefährlich, sagten manche. Nein, wir haben keine Angst. Aber wir haben gesunden Menschenverstand und ein ganz gutes Gefühl dafür, wo man sich relativ sicher bewegen kann und wo nicht. Reisen in Ecuador ist nicht anders, wenn es um Sicherheit geht, als reisen in den großen Städten Europas. Rom, Wien, Berlin, London.... alle haben ihre schmuddeligen Ecken in denen man sich Nachts ungerne aufhält. So ist es auch hier.


Aber das war nicht immer so. Es gab eine dunkle Zeit in der Geschichte Ecuadors, eine Zeit in der hier niemand mehr sicher war. Ecuadorianer haben sich gegenseitig getötet. Frauen, Männer, Kinder, Alte jeder war in Gefahr umgebracht zu werden und wir Europäer gemeinsam mit den Nordamerikanern sind dafür verantwortlich zu machen. Im 19. und 20. Jahrhundert war er ein beliebtes Mitbringsel von Seeleuten und wurde nach und nach zum begehrten Sammlerobjekt. Die Nachfrage und auch der Preis stieg stetig. Der Schrumpfkopf (Tsantsa) war begehrt und der Preis schließlich so hoch, dass Menschen ermordet wurden um der großen Nachfrage gerecht zu werden.


Die Kopfjagd war in vielen Regionen der Erde üblich, jedoch ist der Brauch der Anfertigung von Schrumpfköpfen aus den Köpfen getöteter Feinde nur von wenigen Völkern aus den tropischen Regenwäldern des Amazonasbeckens bekannt. Im Glauben dieser Völker ging, nach erfolgreicher Kopfjagd, die Lebenskraft des Getöteten bei Durchführung einer Reihe komplexer Rituale und mit Anfertigung der Kopftrophäe (Tsantsa) auf den Jäger über. Neben dieser Funktion sollten die Tsantsas der eigenen Sippe zukünftige Jagderfolge, Gesundheit, Kriegsglück, Ernteerfolge und die Fruchtbarkeit der Frauen begünstigen. Die Behandlung der Köpfe galt als „Vollendung“ der Blutrache und ultimative Demütigung, was jedoch weitere Angriffe und Gegenangriffe nicht ausschließen konnte.

Die Anfertigung von Schrumpfköpfen war bis in die 1950er ein gelebtes Ritual im Osten von Cuenca. Die Ausdrücke headhunter oder Kopfgeldjäger sind auf diese Tradition zurückzuführen. Eine der Besten kollektionen von Schrumpfköpfen weltweit findet sich im Pumapungo Museum in Cuenca. Das war eigentlich der Hauptgrund warum wir in diese Stadt gekommen sind.

Am Weg dorthin fuhren wir über die Anden auf deren Ostseite. Die Straße schlängelte sich hoch auf 4300 m und die Aussicht war atemberaubend. :) Uns war sofort klar, die Schrumpfköpfe werden nicht der einzige Aufenthaltsgrund bleiben... 


Unweit von Cuenca befindet sich der Cajas Nationalpark.


Dieser Nationalpark liegt auf einer höhe von 3100 bis 4450 meter und bietet die Gelegenheit durch 


Tundra ähnliche Vegetation zu wandern. 


Auf einer Höhe von knapp 4000 meter findet man immer noch Bäume (Polylepis oder Paper tree) und


faszinierende Blüten.


Ein wunderbarer Nationalpark und bis jetzt mein highlight in Ecuador. Es war auch das erste mal, dass wir in den Anden wanderten. Wir verbrachten den ganzen Tag im Nationalpark, bestaunten die Pflanzen, das Hochmoor und hielten ständig 


ausschau ob wir nicht doch irgendwo ein Lama entdecken. Tja, Lama war weit und breit nicht zu sehen aber am Abend fanden wir ein anderes Tier, tatsächlich eine 


Delikatesse in den Küchen der ecuadorianischen Anden,


Meerschweinchen gegrillt!

Sehr lecker. Wir hatten bereits tags zuvor einen Tisch reserviert und waren sehr gespannt wie denn nun so ein Meerschweinchen schmeckt. Gleich vorweg, viel besser als angenommen. Es war stark mit Knoblauch gewürzt, die Kruste war super knusprig, wie vom ausgewachsenen Schweinebraten, und das Fleisch, welches relativ saftig war, schmeckte ein wenig wie Feldhase. Es ist nicht viel dran an so einem Meerschweinchen aber mit den ganzen Beilagen hat es uns doch satt gemacht und obwohl wir damit unser Budget völlig gesprengt haben (so ein Meerschweinchen für zwei kostet 25 Dollar, unser gesamtes Tagesbudget liegt bei 40 USD) waren wir froh über die Erfahrung. Also ich kann Meerschweinchen empfehlen, schmeckt köstlich!


Wir machten noch einen Ausflug ins Panama-Hut Museum, sahen uns die Produktion an und


probierten uns durchs Sortiment. Der eigentlich aus Ecuador stammende Hut wird hier seit 1630 produziert. Napoleon der 3, die Franzosen, Panama-Kanal Arbeiter, President Theodore Roosevelt und einige andere haben schuld daran, dass der Sombrero de paja toquilla nun fälschlicherweise Panama zugeschrieben wird...


Als nächstes gings nach Baños de Agua.  


Ein kleines Dorf am Rande der Anden berühmt für seine heiligen heißen Quellen (Termas de la Virgen) die wir natürlich auch genossen. Ein aktiver Vulkan mit dem Namen Tungurahua heizt das Wasser, welches man am Fuße des Wasserfalles, badend genießen kann. Ich habe gehofft, dass wir auch einen Blick auf den Lavastrom des Vulkans erhaschen können aber wir hatten damit leider kein Glück. Der Vulkan zeigte sich wolkenverhangen. Einen Tagesausflug machten wir noch zu


diesem spektakulären Wasserfall. Mittlerweile ist es schwer uns mit Wasserfällen zu beeindrucken aber der Pailon del Diablo ist schon eine Reise wert. Ja, beeindruckend wie er sich in die Schlucht wirft, mit ohrenbetäubendem Getöse und die Plattform auf der man sich aufhalten kann, hat auch was. Erinnert ein bisschen an Rivendell in Herr der Ringe.


Zum St. Nikolaus Tag gabs noch heiße Schokolade, Mandarinen und Erdnüsse, alles aus lokalem Anbau, und schon zogen wir wieder weiter. 


Weiter in Richtung Amazonas wo wir uns, für unser siebenjähriges Jubiläum einen Aufenthalt in einer


Dschungel Unterkunft gegönnt haben. (DANKE Heidi)


Es war alles vorhanden


Hängematten


freiluft Dusche


und eine atemberaubende Aussicht von der Toilette.
Tja, was will man mehr :) Drei Nächte haben wir dort verbracht. Liis hat die Zeit genutzt um eine kleine Erkältung auszukurieren, ich habe ausgiebig die Hängematten getestet und wir hatten endlich mal Zeit nichts zu tun. Ja, es war ein Kurzurlaub vom Urlaub.


Im Moment sind wir noch in Tena und wir werden morgen od. übermorgen eine Dschungelwanderung mit einem Medizinmann als Guide machen. Wir wollen mehr über die Pflanzen und Tierwelt im Amazonas erfahren bevor wir weiter und viel tiefer in den größten tropischen Wald der Welt vordringen werden. 


Der Plan ist, von Francisco de Orellana (Coca) im Osten von Ecuador mit div. Booten den Rio Napo entlang nach Peru zu reisen. Von dort soll es weiter mit Frachtbooten, teilweise am Amazonas Fluss, nach Iquitos gehen. Mal gucken, die Frachtboote fahren einmal od zweimal die Woche und brauchen ca. 8 Tage für diese ~ 1000 km lange Reise tief in das Amazonas Gebiet. Iquitos gilt als größte Stadt der Erde die nicht über Straßen erreichbar ist.


Ja, so sieht unser Plan für Weihnachten aus, schaun ma mal ob das alles so klappt oder ob wir irgendwo im Dschungel festsitzen werden. Ich werde nächstes Monat davon berichten.

Falls jemand auch dem Newsletter von Liis folgen möchte, in Englisch aber dafür etwas regelmäßiger und mit weniger Bilder und blablabla... 

Hier kann man sich dafür anmelden tinyletter.com


Alsdann, bis die Tage! Alles Liebe,


FROHE WEIHNACHTEN und ein
GESUNDES NEUES JAHR


P.s.: Leider hat unser Computer den Geist aufgegeben und ich bin mir nicht sicher ob wir ihn hier reparieren lassen können. Ich werd ihn mal selbst auseinander nehmen und gucken... Lange Rede kurzer Sinn, der nächste Blog wird evtl. etwas später erscheinen. Also keine Sorge falls es länger dauert

COPYRIGHT

für nicht anders gekennzeichnete Bilder und Texte:

© Bernhard Füreder/bernhardaufreisen.blogspot.com