Dienstag, 22. Januar 2008

Split-Dubrovnik

Wir kamen um ca. 8:00 Uhr etwas gerädert in Split an.
Obwohl wir die ganze Nacht über keinen Strom und somit kein Licht hatten (es war finster wie im Arsch), konnte man in so einem Zug, trotz mäßigem Biergenuss, nicht wirklich schlafen. Man stelle sich das einfach mal vor: vier biertrinkende Typen in einem Zugabteil, kein Licht, übrigens auch kein fließendes Wasser, somit stinkenderweise herumlungernd. Da wird die Luft knapp! Man sagt zwar: "Erstunken ist noch keiner", aber glaube mir, in so einer Situation bleibt einem nichts anderes über, als das Fenster zu öffnen. Weil so ein Zug auf Schienen fährt, welche bereits in Österreich nicht besonders geräuschdämmend wirken und dies in Richtung Süden nicht besser wird, ist es in so einem Abteil extrem laut. Man kann also nicht schlafen. Was tun? Herumlungernd Bier trinken! Dadurch werden jedoch die Ausdünstungen nicht gerade besser, d.h. das Fenster bleibt offen, im Abteil ist es laut, man trinkt Bier...... Dies könnte man einen Teufelskreis nennen. Aber egal, ich fand es lustig und spannend. Wir waren eine coole Truppe, quatschten und lernten uns ein wenig besser kennen. Zwei von meinem Abteil, sie gehörten gar nicht zu diesem Motorradclub, fragten mich, ob ich bis zu ihrer Unterkunft mit ihnen fahren möchte, um dann noch einen gemeinsamen Kaffee zu trinken. Da jede Strecke in den Süden meine Strecke war, fuhren wir gemeinsam ca. 100km Richtung Dubrovnik. Ihre private Unterkunft in einem kleinen, abseits gelegenen Dorf direkt am Meer war klug gewählt. Einerseits bergig, andererseits das Wasser. Das erfreut ein Motorradfahrerherz. Wir frühstückten gemeinsam und verabschiedeten uns dann voneinander. Ab jetzt bin ich auf mich allein gestellt und meine Reise kann beginnen.

Wenn man alleine reist, hat man die Möglichkeit, Zeit und Ruhe, seine innere Stimme zu hören. Man hat die Möglichkeit, bewusst die Kleinigkeiten, die das Leben so zu bieten hat, zu erfassen. Im täglichen Trott, im Lärm und Gewirr des Miteinander wird man davon, meines Erachtens, oft zu sehr abgelenkt. Dazu kommt, dass ich auf meinem Motorrad durch begrenztes Platzangebot nur minimales Equipment mitnehmen kann. Ich muss mir jeden Tag aufs neue eine relativ sichere Möglichkeit zum Nächtigen suchen. Ich kann dabei nicht einfach eine Tür aufsperren, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Sich schnell unter eine warme Dusche stellen geht nicht. Um die Ecke hüpfen und einen Laden vor sich zu haben, der allerlei Nahrungsmittel anbietet, gibt es oft nicht. Um essenzielle Dinge muss man sich Tag für Tag neu kümmern. Wo schlafe ich? Wie komme ich zu Nahrungsmittel? Wie komme ich zu Geld, um mir Nahrungsmittel und auch Treibstoff zu besorgen? Wo will ich eigentlich hin? Wie komme ich dort hin? Was will ich eigentlich?
Weil dies ein Prozess ist, der sich jeden Tag aufs neue wiederholt und relativ viel Zeit in Anspruch nimmt, lebt man seinen Tag voll und ganz im Jetzt. Jede Situation, jeder Ort, jeder Tag und jede Person ist neu. Man muss sich auf eine Gegebenheit im Moment dieser Gegebenheit neu einstellen. Man wird nicht von Dingen wie Arbeit, Geld verdienen, Wohnung putzen, Wäsche waschen, Freunde treffen, Eltern besuchen... abgelenkt. Dies ist, glaub ich, notwendig, um die „Kleinigkeiten“, die das Leben so lebenswert machen, wirklich bewusst zu erleben. Es ist notwendig, um darauf zu kommen, wie WUNDERBAR es ist z.B. das Meer rauschen, den Vogel zwitschern oder auch schreien, den Wind blasen hören zu können und zu dürfen. Wie grandios es ist, auf einem durch die Sonne erwärmten Stein sitzen zu können, oder überhaupt sitzen zu können. Gehen zu können. Wasser, Wind und Sonne fühlen zu können. Sehen zu können und somit Delphine springen zu sehen, Blumen zu sehen, Steinformationen zu sehen. Riechen können. Das Meer riecht nicht immer nach Meer und Salz, es riecht manchmal nach Fisch oder auch nach Pommes, wenn auf einer Insel der Wind vom Festland her weht. Es ist ein Privileg, sich die Zeit nehmen zu können, um dies alles zu erfassen. Es ist ein Privileg, im Stande zu sein, dies alles zu können. Nur wenige haben scheinbar die Möglichkeit, sich ihr Umfeld, sich ihre Umwelt so bewusst zu machen. Sie umgibt uns ständig und birgt trotzdem so viel Spannendes, Beruhigendes und soviel Neues. Aber leider werden wir im täglichen Leben abgelenkt vom Trubel und den Zwängen der sogenannten "Zivilisation". Wenn man es auch in dieser schafft, die „Kleinigkeiten“ zu entdecken, kann es einem, selbst in unserer schnelllebigen, teils ignoranten Zeit, gar nicht mehr schlecht gehen. Es kann einem selbst auf einer Insel, wo scheinbar nichts ist außer Wasser und Stein, niemals langweilig werden. Die Kleinigkeiten sind es, die das Leben spannend machen. Es besteht aus aneinander gereihten Kleinigkeiten. Wenn man diese jedoch übersieht, lebt man nicht wirklich, sondern nur so vor sich hin. Nun gut. Genug philosophiert
.“

Ich lebte auf dieser Reise so im Jetzt, dass ich meist erst wusste, wohin meine Reise geht, wenn ich bereits am Motorrad saß. Nun war ich zwischen Split und Dubrovnik und saß auf meinem Motorrad. War irgendwie müde und, angesichts der bevorstehenden Abenteuer, trotzdem euphorisch. Ich fuhr auf einer richtig gut ausgebauten und von der Polizei übertrieben gut kontrollierten Küstenstrasse gen Süden. Durch teils bizarre Berg- und Wasserwelten nach Dubrovnik. Die „Perle der Adria“ und mit ihrer wunderbaren Altstadt UNESCO Weltkulturerbe.

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